Nagano, Japan
In diesem exklusiven Interview tauchen wir ein in die Welt des Designs mit Yosuke Aizawa, dem visionären Modedesigner und Kreativdirektor von White Mountaineering. Durch seine Kooperationen mit bekannten Marken und seine Rolle als Designberater hat sich Aizawa einen Namen gemacht – seine Bekanntheit ist Beleg für seine einzigartige Designphilosophie. Im Rahmen seiner Projekte wie der Berghütte in Nagano – wo er eine nahtlose Verbindung japanischer und dänischer Designprinzipien kreiert – und angetrieben von der Bewunderung für PK-Produkte, teilt Aizawa seine Herangehensweise an Design als Medium des Selbstausdrucks und die Kunst des Lebens mit Stücken, die wunderschön altern und die Essenz seiner Designphilosophie verkörpern.
Wer ist Yosuke Aizawa? Erzählen Sie uns ein wenig über sich. Ich bin Modedesigner, Gründer und Kreativdirektor von White Mountaineering. Meine Kooperationen umfassen verschiedene Marken wie Moncler W, Addidas und LARDINI. Meine letzte Arbeit waren Designs für COLMAR. Als Designberater entwerfe ich außerdem Uniformen für ein japanisches Logistikunternehmen, ein Hotel und ein Automobilunternehmen. In meiner Funktion als Kreativdirektor des japanischen Profifußballvereins „Hokkaido Consadole Sapporo“ bin ich für die Gesamtausrichtung des Teams verantwortlich. Darüber hinaus bin ich Professor an der Tama Art University und der Tohoku University of Art Design. Es ist schwierig, meinen Beruf einer Kategorie zuzuordnen. Um es in einfachen Worten auszudrücken: Es geht um die Schaffung einer besseren Umwelt mittels Design. Erzählen Sie uns von Ihrem Haus: Wo steht es, wer hat es entworfen und wie lange haben Sie dort gelebt? Die Berghütte, die ich als Atelier nutze, befindet sich in der Präfektur Nagano. Die Region heißt Karuizawa, liegt zwei Autostunden von Tokio entfernt und gilt weithin als eine der beliebtesten Sommerurlaubsdestinationen Japans. Ich kenne diese Gegend seit meiner Kindheit. Auf der Eislaufbahn am Fuße des wunderschönen Mount Asama auf 1200 m Höhe habe ich immer Hockey gespielt. In heißen Sommern ist der Ort ideal, um der Luftfeuchtigkeit und den hohen Temperaturen der Städte zu entfliehen, im Winter eignet er sich perfekt zum Skifahren und Snowboarden. Die COVID-19-Pandemie und damit einhergehenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit führten zum Entschluss, diese Berghütte zu bauen – etwas, das ich schon lange mit mir herumgetragen habe. Das Haus war 40 Jahre alt, als ich es entdeckte. Ich habe Herrn Sasaki, einen der Gründer von SMALL CLONE, die den White Mountaineering Flagship Store entworfen haben, gebeten, vorbeizukommen und seine Renovierungsideen mit uns zu teilen. Das Haus wurde bis auf die Tragstrukturen und großen Baumstämme fast vollständig saniert.
Wer hat Sie inspiriert oder Ihnen bei der Inneneinrichtung des Hauses geholfen? Beim Entwerfen hole ich mir häufig Inspiration aus Büchern und Geschichten. Ich bevorzuge die Ideen der Postmoderne – allerdings möchte ich meine Wohn- und kreativen Bereiche nicht überladen. Raumdesign ist ein Ausdruck des Selbst, ein Spiegel. Es ist wichtig, Materialien und Oberflächen einzigartig zu machen. In traditionellen japanischen Häusern beispielsweise wurden die Wände als Ausdruck der Schönheit der Unvollkommenheit mit einer ungleichmäßigen Schicht gestrichen. Ich strebe keine Perfektion an, aber Alterung in Schönheit ist mir sehr wichtig. Kleine durch den Gebrauch entstandene Flecken und Kratzer haben Wert für mich. Ich kaufe Produkte für den Gebrauch, nicht als Andenken. In meinem Haus in Tokio habe ich einen PK Stuhl mit pflanzlich gegerbtem Leder. Er hat Eisflecken von meinem Sohn, ist dadurch aber auch ein einzigartiges Stück und eine Erinnerung an das Aufwachsen meiner Kinder. Dänisches Design fügt sich nahtlos in den Raum ein – was denken Sie über das Zusammentreffen japanischer und dänischer Designphilosophien? Meiner Kenntnis nach haben japanisches Design und Architektur skandinavische Designer grundlegend beeinflusst. Ich habe kürzlich das Haus von Poul Kjærholm besucht und herausgefunden, warum. In der japanischen Kultur zieht man drinnen die Schuhe aus und sitzt auf den Boden oder Tatami-Matten. Das Leben der Japaner spielt sich nahe am Boden ab. Einige Kjærholm-Stühle – beispielsweise der PK22 und PK80 – haben eine niedrige Sitzhöhe und damit japanische Essenz, gut passend zum japanischen Lebensstil. In Kjærholm‘s Haus fand ich eine Schönheit, die für mich etwas sehr Japanisches hat. In meinem Atelier ist es genauso. Der Boden ist in meinem Alltag sehr präsent. Manchmal schlafe ich auf dem Boden. Deshalb passen dänische Möbel, insbesondere Kjærholm-Möbel, gut in mein japanisches Zuhause.
Können Sie sich an Ihre erste Begegnung mit Fritz Hansen erinnern? Ich habe an der Tama Art University studiert, wo ich derzeit Professor bin. Mein Hauptfach war Textildesign und seitdem bin ich von skandinavischem Design, Kultur, Inneneinrichtung und Textilien fasziniert. Meine erste Begegnung mit Fritz Hansen erfolgte über den an der Universität verwendeten Series 7 Stuhl. Arne Jacobsen‘s und Poul Kjærholm‘s Arbeiten waren Lehrstoff. Der Stuhl war also mehr als ein Sitzmöbel. Er war Lehrmaterial zugleich. Was war das erste Stück von Fritz Hansen, das Sie besaßen? Der Vintage AX Stuhl war mein erstes Fritz Hansen Design, das ich kaufte, als ich vor 15 Jahren in Tokio ein Haus baute. Ich habe drei Immobilien, eine in Tokio und zwei Ateliers, in Tokio und Kanazawa. Bei jedem Haus gab es eine andere Inspiration für die Möbelauswahl. Für das Haus in Tokio, in dem ich mit meiner Frau und meinen drei Kindern lebe, bevorzuge ich Stücke, die mit der Zeit ihre Farbe ändern und eine schöne Patina entwickeln. Ich möchte die Möbel auch gerne an die nächste Generation weitergeben. Deshalb bevorzuge ich Produkte, die mit Stil altern. Das Atelier in Tokyo ist mein Arbeitsplatz. Ich habe es mit der PK Serie in schwarzem Leder ausgestattet, damit ich mich besser auf die Muster und Farben konzentrieren kann, mit denen ich arbeite. Mein Atelier in Karuizawa nutze ich, wenn ich konzentriert nachdenken möchte. Daher die Wahl der sanften Töne für den Innenraum. Welches ist Ihr Lieblingsstück und warum? Ich mag alle PK Produkte. Während meines Designprozesses visualisiere ich Kjærholm‘s Philosophie. Ich kombiniere verschiedene Materialien in einem Textildesign, so wie er es tat. Sein Design beeinflusst weiterhin mein Entwurfsleben. In Kjærholm‘s Schaffensprinzip, das konstruktive Potenzial zu maximieren und dabei so weit wie möglich zu vereinfachen, liegt die Wahrheit des Designs.