Stone Garden

„Es muss jedem Erdbeben standhalten. Deshalb hat es die Explosion im Hafen überstanden.“

In diesem Video spricht die libanesische Architektin Lina Ghotmeh über Stone Garden, einem von ihr entworfenem Gebäude in Beirut; widerstandsfähig genug für eine Stadt, die bereits sieben Mal aus Schutt und Asche wiederauferstanden ist.

Kurz nach Fertigstellung des Wohnkomplexes verwüstete 2020 eine große Explosion den Hafen von Beirut. Stone Garden überstand die Katastrophe dank Ghotmehs Gebäudekonzeption: „Wir befinden uns in einer Erdbebenregion. Beirut wurde bereits sieben Mal verwüstet. Das Haus muss also jedem Erdbeben standhalten können, und deshalb hat es auch die Explosion im Hafen überstanden.“

Das Apartmenthaus liegt am Rande des vom Bürgerkrieg zerstörten und nach dessen Ende ab 1990 komplett neu aufgebauten Stadtzentrums von Beirut.

„Es gab reichlich Diskussion und Kritik rund um den Wiederaufbau und die Frage, ob dadurch nicht die Geschichte der Stadt verloren ginge. Die Menschen hatten eine sehr emotionale Beziehung zum Stadtzentrum. Es wurde komplett umgestaltet und bereinigt. Daher war die Frage der historischen Bezüge sehr präsent, als ich dieses Projekt annahm“, sagt Ghotmeh.

Eine Mischung aus Zement und lokaler Erde wurde von Handwerkern horizontal von unten nach oben auf die Fassade des Stone Garden gekämmt. Auf diese Art wurden wiedererkennbare geschichtliche Bezüge geschaffen. „Das Gebäude ‚erzählt‘ nun von all den vom Krieg zerschossenen, quasi aufgefressenen Fassaden. Dann ging es darum, darüber nachzudenken, wie die Öffnungen nun ein Ort des Lebens sein können; ein Ort, an dem die Natur gedeihen kann. Anstatt Symbol für die Schrecken des zurückliegenden Krieges zu sein, werden die Fassadenöffnungen zu Orten des Lebens. Große Ausschnitte bieten Platz für einen großen Garten, und die Natur wird zum Bestandteil der Architektur.“

Lina Ghotmeh

Lina Ghotmeh (Jahrgang 1980) wollte zunächst Archäologin werden, studierte dann aber Architektur an der American University of Beirut. Sie befasste sich mit den Begriffen Erinnerung, Raum und Landschaft mittels ihrer eigenen Methodik ‚Archäologie der Zukunft‘. Nach ihrem Abschluss und der Verleihung des Azar- und Areen-Preises setzte Lina ihre Ausbildung an der École Spéciale d´Architecture in Paris fort, wo sie zwischen 2008 und 2015 eine Lehrtätigkeit als außerordentliche Professorin übernahm. Während sie 2005 in London mit den Studios Jean Nouvel und Foster & Partners zusammenarbeitete, gewann sie den internationalen Architekturwettbewerb für das Estnische Nationalmuseum. Nach diesem Erfolg beteiligte sie sich an der Gründung des Büros DGT Architects in Paris und war verantwortlich für die Realisierung des Großprojekts Nationalmuseum. Das von der internationalen Presse einhellig gelobte und mit prestigeträchtigen Preisen (Grand Prix AFEX 2016 & nominiert für den Mies Van der Rohe Award 2017) ausgezeichnete Museum wurde zum Symbol für avantgardistische Architektur, die Sachlichkeit und Subtilität vereint. Stone Garden wurde 2021 auf der Biennale di Venezia präsentiert.

Lina Ghotmeh wurde im November 2021 von Marc-Christoph in ihrem Studio in Paris für den Louisiana Channel interviewt.

Kamera: Markus Nickels
Edit: Jarl Therkelsen Kaldan
Produziert von: Marc-Christoph Wagner
Copyright: Louisiana Museum of Modern Art, 2022 Louisiana Channel wird unterstützt von: Den A.P. Møllerske Støttefond, Ny Carlsbergfondet, C.L. Davids Fond og Samling und Fritz Hansen Dieses Video wird unterstützt von: Dreyers Fond