ÖKOLOGISCHES DESIGN

Beim persönlichen Gespräch mit Marco Poletto und Claudia Pasquero, den langjährigen Partnern und italienischen Mitbegründern des in Ost-London ansässigen ecoLogicStudio, erliegt man sofort der Faszination ihrer experimentellen, wissenschaftlichen Arbeitsweise.

Den Platz des üblichen erlesen kuratierten Bücherregals als Hintergrund von Video-Chats nehmen drei riesige Glasröhren ein, Fotobioreaktoren, gefüllt mit einer Reihe bunter, sprudelnder Substanzen. „Es sind drei essbare Mikroalgenstämme, die wir kultivieren“, erklärt Poletto. „Porphyridium ist weinrot, Chlorella gelbgrün und Spirulina von so dichtem grünblau, dass es fast schwarz wirkt.“ Die Algen sind Teil der vom Studio entwickelten postpandemischen Strategien; man untersucht, auf welche Weise die städtische Bevölkerung pflanzliche Proteine anbauen kann. Hierbei geht es nicht nur um die Lieferung von Lebensmitteln; auch Kohlendioxid wird absorbiert, gleichzeitig werden Häuser effizienter mit Sauerstoff versorgt, als dies durch den Einsatz von Zimmerpflanzen geschieht. „Die Kinder lieben die Ernte. Letzte Nacht haben wir Spirulina-Brot gebacken“, erzählt Pasquero“, Spirulina hat einen ziemlich scharfen Geschmack, irgendwo zwischen Gras und Nüssen.

„Ist das Architektur?“ fragen Sie vielleicht. Auf der Website von EcoLogicStudio findet sich die Eigendefinition „Architektur- und Städtebaupraxis, spezialisiert auf Umweltdesign, städtische Autarkie und gebäudeintegrierte Natur“. Letztendlich entzieht sich die 2005 gegründete Firma mit ihren Vorreiterideen jedoch einer einfachen Kategorisierung.

„Wir mögen keine Labels, da sie reduktionistisch sind und Disziplinen einengen“, sagt Poletto, der neben Pasquero am Polytechnikum Turin Ingenieurwissenschaften studierte, bevor sie die Londoner Architectural Association besuchten. Dort und an der Bartlett School of Architecture nahmen beide später eine Lehrtätigkeit auf. „Wir ändern unsere Berufsbezeichnung gerne je nach Umgebung“, sagt Poletto. „Wenn wir jedoch die Art und Weise, wie Technologie und Natur zusammengehen, neu konzipieren wollen, müssen wir die Wege neu beschreiben.“